Aktuelles
Podcast: Wenn das Herz für Abfall schlägt
Sie wird von Weggefährten liebevoll als „promovierte Müllologin“ bezeichnet und sagt selbst über sich: „Mein Herz schlägt für Abfall!“ – In der 25. Folge des Podcast-Formats „Science Talk“ spricht Prof. Dr.-Ing. Gilian Gerke über ihre Leidenschaft, die sie seit 2012 auch als Professorin an der Fachhochschule Magdeburg-Stendal im Fachbereich Wasser, Umwelt, Bau und Sicherheit - vorwiegend im Studiengang Recycling und Entsorgungsmanagement - auslebt. Im Gespräch mit Journalismus-Studentin Vera Reinicke verrät sie, wie sie zur Hochschule kam, wie wichtig Recycling national wie international ist und wie jeder Einzelne zu einer nachhaltigeren Ressourcenwirtschaft beitragen kann.
„Ich beschäftige mich mit festen Abfällen und da vertiefend mit dem Recycling von Kunststoffen“, erklärt Gilian Gerke. Was kann man wie recyceln? Wo lohnt es sich, wo nicht? Was kann man daraus machen? All diese Fragen treiben die Professorin beruflich um. Neben Vorlesungen ist sie auch in zahlreichen Umweltprojekten aktiv. Zusammen mit dem Naturschutzbund Deutschland e.V. hat sie Fischernetze aus der Nord- und Ostsee geholt und auf Kunststoffeigenschaften untersucht. Seit fünf Jahren bietet sie mit ihrem Projektteam als Dienstleistung Qualitätskontrollen von recycelbaren Abfällen aus dem gelben Sack an. Derzeit arbeiten sie zudem mit einem Filterhersteller an der Entwicklung eines Filtersystems für Waschmaschinen, das Kunststoffmikrofasern zurückhalten soll, damit sie nicht ins Abwasser gelangen. Im internationalen Projektmanagement pflegt Gerke darüber hinaus Kontakte unter anderem zu Kuba, Thailand und China.
Bewusstsein für Nachhaltigkeit stärken
Dabei hört ihr Engagement für die Umwelt nicht nach der Arbeit auf. „Abfälle sind nicht nur mein Beruf, sondern auch meine Berufung. Das begleitet mich jeden Tag“, sagt Gilian Gerke. „Ich glaube, das wichtigste bei uns ist, über die Dinge nachzudenken, die man täglich tut. Das fängt beim Einkaufen an. Brauche ich die Tüte wirklich? Kann ich vielleicht die Wurst ohne diese furchtbar vielen Verpackungen kaufen? Wie komme ich zum Einkaufen? Muss ich jetzt wirklich das Auto nehmen?“ Sie selbst achte beispielsweise darauf, bei nicht vermeidbaren Autobahnfahrten nicht übermäßig schnell zu fahren, um weniger Emissionen entstehen zu lassen. Oder nur so viel zu kochen, wie sie wirklich isst und andernfalls die Reste zu verwerten. Auch den Kauf neuer Kleidung überdenke sie zugunsten der Nachhaltigkeit.
Generell ist sie der Meinung, jeder Einzelne könne etwas zur Müllvermeidung und zum Klimaschutz beitragen. Das schließe jedoch nicht nur den Normalbürger ein. „Jedes Land in Europa muss einen Teil dazu beitragen, auch Deutschland. Und zwar entlang der gesamten Kette. Also wir als Bürger, […] aber genauso die Politik mit ganz klaren Anweisungen, Gesetzen, Kontrollen“, betont sie. Auch die Industrie sei gefragt. „Jeder muss seine Verantwortung übernehmen.“ Das funktioniere ihrer Meinung nach mittlerweile schon gut, oft würde jedoch auch wertvolle Zeit durch grundsätzliche Diskussionen verloren gehen. Sie wünscht sich ein schnelleres Handeln.
Dennoch sieht Gilian Gerke Deutschland auf einem guten Weg. „Der Anstieg grüner Energie ist klar zu verzeichnen. Das ist schon mal super“, freut sie sich. Auch im Supermarkt entdecke sie immer mehr bewusster produzierte Ware und führt recycelte Verpackungen und eine nachhaltigere Fleischwirtschaft exemplarisch an. Jetzt gelte es, an diesem Weg festzuhalten. Für die Zukunft wünscht sie sich, „dass man Verantwortung auch für sich selber übernimmt und nicht nur auf andere zeigt. Und vielleicht Schritt für Schritt vorangeht und nicht immer sofort den großen Wurf erwartetet“. Schließlich müssten manche Prozesse und Gedanken auch erst im Kopf ankommen. „Aperol Spritz schmeckt auch ohne Strohhalm“, nennt sie ein Alltagsbeispiel und appelliert noch einmal an alle, sich selbst zu reflektieren und, wo es geht, mitzumachen. Auch wenn Deutschland mit seinen 80 Millionen Einwohnern ein kleines Land sei, sei es wichtig, „dass wir Vorreiter sind, dass wir eine Vorbildfunktion haben und nicht aufhören in unseren Bemühungen“, betont Gilian Gerke. Auch für das eigene Gewissen. „Je mehr wir einsparen, je mehr wir machen, desto weniger sind wir das Problem.“
Text: Karoline Klimek
Über den Science Talk
Wissenschaft kompakt und kurzweilig aufbereiten – das ist das Konzept des Formats „Science Talk“. Entstanden ist es innerhalb des TransInno_LSA-Teilprojekts „VTrans – Verstetigung von Transferprozessen“. Neben Live-Talks werden Themen aus den Bereichen Forschung, Gründung und Transfer seit November 2020 auch als Podcast zum Nachhören aufbereitet. Am 3. November ist die dritte Staffel gestartet. Neue Folgen gibt es regelmäßig immer mittwochs im Zwei-Wochen-Rhythmus ab 8 Uhr. Reinhören können Interessierte kostenfrei bei Spotify sowie auf der Website www.sciencetalk.net. Informationen zur aktuellen Folge veröffentlicht das Podcast-Team zudem auf dem Instagram-Kanal vtrans_sciencetalk.
Die nächsten Termine im Überblick
- 16. Februar: Prof. Dr. Susanne Borkowski, Vertretung der Professur für kindliche Entwicklung und Gesundheit an der Hochschule Magdeburg-Stendal
- 2. März: Prof. Dr. Nicole Wetzel, Professorin für Neurokognitive Entwicklung an der Hochschule Magdeburg-Stendal und Leiterin der Unabhängigen Forschergruppe „Neurokognitive Entwicklung“ am Leibniz-Institut für Neurobiologie Magdeburg (LIN)