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Podcast: Wie wichtig der Tastsinn für das Lernen ist

In der 31. Folge des Podcast-Formats „Science Talk“ geht ein Promovend der Frage nach, wie Lernprozesse verändert werden können.

Michael Montag will untersuchen, wie wichtig der Tastsinn fürs Lernen ist - auch mittels Virtual-Reality-Anwendungen. Fotos (2): Matthias Sasse

Das deutsche Bildungssystem ist vor allem darauf ausgelegt, Informationen übers Hören und Sehen zu vermitteln. Die haptische Wahrnehmung, die gerade im Kleinkindalter eine wichtige Rolle spielt, verliert im institutionellen Bildungsrahmen an Bedeutung. Dabei ist auch das Tasten für den Lernprozess von enormer Wichtigkeit, findet Michael Montag, Promovend an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Warum das so ist und wie seine Untersuchungen zu einem größeren Verständnis beitragen können, erklärt er in der 31. Folge des Podcast-Formats „Science Talk“ im Gespräch mit Moderatorin Laura Meng.

„Man sagt eigentlich immer, dass man ohne den Sehsinn oder den Hörsinn trotzdem überleben kann, aber ohne eine haptische Wahrnehmung könnte man nicht überleben“, unterstreicht Michael Montag die Bedeutung des Tastsinns für den Menschen. „Es ist die erste Wahrnehmung oder der erste Sinn, der sich im Mutterleib noch entwickelt. Und es spielt auch eine ganz große Rolle bei vor allem jungen Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter, die viel noch mit den Händen erforschen, viel anfassen und ertasten wollen.“ Mit der späteren Ausbildung oder schulischen Laufbahn verliere sich dies, vor allem aufgrund des mangelnden Angebots, vermutet er.

Genau an dem Punkt wolle er mit seiner Forschung ansetzen und untersuchen, ob es auch bei Erwachsenen eine haptische Lernpräferenz gibt und wie man diese Methode in den digitalen Raum übertragen könne. Dies soll vor allem mittels Anwendungen von Virtual Reality (VR) geschehen, um ein immersives Lernerlebnis zu ermöglichen. In einer ersten Studie hat Montag nach eigenen Angaben mithilfe von Probanden klassisches Lernmaterial wie Texte und Abbildungen zu Herz und Wirbelsäule mit haptischen Modellen verglichen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen nun in einer zweiten Studie vertieft werden.

Dazu soll eine Anwendung fertiggestellt werden, mittels der ein virtuelles Gehirnmodell per VR-Controller erkundet werden kann. Wie Michael Montag erklärt, könne der Proband damit eine Art Greifbewegung zum Gehirnmodell machen, es drehen oder sogar Segmente herausnehmen. Einbezogen werden soll auch ein VR-Datenhandschuh, der das haptische Gefühl verstärkt, indem er an jeden Finger Vibrationsfeedback geben kann – und so das Gefühl, etwas wirklich anzufassen, nachbildet. Wie sich der Umgang der Probanden mit dem virtuellen Gehirn, dem haptischen Modell beziehungsweise den klassischen Abbildungen auf die Lernprozesse und -motivation auswirkt, solle durch einen Vergleich der Methoden untersucht werden.

Virtuelle Anwendungen dieser Art seien aber nicht für jeden Lerninhalt geeignet. „Wenn ich ein Jurastudium absolviere und Gesetze lernen muss, dann wird mir Haptik nicht sonderlich viel weiterhelfen“, zeigt der Doktorand Grenzen auf. Anders verhalte sich dies beispielsweise im Bereich Anatomie. Dort sei bereits jetzt vieles möglich. „Man kann sich praktisch in VR in das Herz stellen und gucken, wie die Herzklappen arbeiten. Und das ist natürlich ein Vorteil, den man aus klassischen Lernmaterialien wie Schulbüchern nicht hat“, sagt er.

Wie wahrscheinlich es ist, dass VR-Anwendungen zukünftig Bestandteil von Schulunterricht werden könnten, welche Tipps er für ein besseres Lernen hat und welche konkreten Schritte als nächstes in seiner Forschungsarbeit anstehen, verrät Michael Montag in der 31. Folge des Podcast-Formats „Science Talk“.

Text: Karoline Klimek

 


 

Über den Science Talk

Wissenschaft kompakt und kurzweilig aufbereiten – das ist das Konzept des Formats „Science Talk“. Entstanden ist es innerhalb des TransInno_LSA-Teilprojekts „VTrans – Verstetigung von Transferprozessen“. Neben Live-Talks werden Themen aus den Bereichen Forschung, Gründung und Transfer seit November 2020 auch als Podcast zum Nachhören aufbereitet. Am 6. April 2022 ist die vierte Staffel gestartet. Neue Folgen gibt es regelmäßig immer mittwochs im Zwei-Wochen-Rhythmus ab 8 Uhr. Reinhören können Interessierte kostenfrei bei Spotify sowie auf der Website www.sciencetalk.net. Informationen zur aktuellen Folge veröffentlicht das Podcast-Team zudem auf dem Instagram-Kanal vtrans_sciencetalk.

 

Die nächste Folge erscheint am 01.06.2022. Gesprächspartner sind Julia Angelov, Mitarbeiterin im TransInno_LSA-Teilprojekt VTTNetz, sowie der ehrenamtliche Senioren-Technikbotschafter Eberhard Toepfer.