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Podcast: Technik kennt kein Alter
Was motiviert Ehrenamtliche, in einer Smartphone-Sprechstunde für Senioren mitzuarbeiten? Welche Ziele verfolgt das an der Hochschule Harz angebundene Projekt VTTNetz? Und welche Perspektiven gibt es für die geschaffenen Angebote nach dem Projektabschluss Ende 2022? Darum geht es in der 32. Podcast-Folge des „Science Talks“. Journalistik-Studentin Katharina Gebauer hat sich als Gesprächspartner VTTNetz-Projektmitarbeiterin Julia Angelov und den ehrenamtlichen Senioren-Technikbotschafter Eberhard Toepfer eingeladen.
Herzstück der Arbeit des TransInno_LSA-Teilprojekts VTTNetz ist die barrierearme Musterwohnung der Wernigeröder Wohnungsgenossenschaft eG, die im Projekt seit Oktober 2018 als Reallabor für Technikakzeptanz und Soziale Innovation genutzt wird. „Wir untersuchen zum Beispiel, wie man mit so einem Bildungsangebot – wie einer Smartphone-Sprechstunde – Leute für Wohnberatung begeistern kann“, erklärt Julia Angelov. „Denn von sich aus kommen sie ganz selten auf die Idee, sich mal schlau zu machen, wie man besser, komfortabler, sicherer im Alter in den eigenen vier Wänden leben kann.“
Alltagshilfen sind mehr als nur Pflegebett und Co.
Das Problem: Oft sei in den Köpfen der Gedanke, Technikeinsatz im Alter sei unschön und zeige Schwächen auf. Dass neben Greifhilfe, Pflegebett und Toilettensitzerhöhung aber auch Smart-Home-Geräte oder Spielekonsolen für Ältere durchaus hilfreich sein können, wissen laut Julia Angelov die wenigsten. Die Smartphone-Sprechstunde solle als Türöffner dienen. Und das funktioniert. „Die Termine gehen weg wie warme Semmeln.“
Neben der Projektmitarbeiterin übernehmen vor allem als Senioren-Technikbotschafter ausgebildete Ehrenamtliche die Beratung. Eberhard Toepfer ist einer von ihnen. Seit vier Jahren ist er im Projekt aktiv. Und das aus tiefer Überzeugung. „Das gibt einem das Gefühl, etwas Produktives zu tun und doch irgendwo noch gebraucht zu werden“, sagt er. Und Hilfesuchende gebe es viele. Die regelmäßige Smartphone-Sprechstunde am Dienstagnachmittag sei stets schnell ausgebucht.
Smartphone-Sprechstunde hilft im Umgang mit der Technik
„Die Regel ist die: Die ältere Dame kommt mit ihrem Handy und sagt: ‚Das hat mir mein Neffe gegeben und ich soll damit whatsappen. Ich weiß aber gar nicht, wie das geht. Ich weiß noch nicht mal, wie man das einschaltet.‘“, berichtet er aus seinem Beratungsalltag. „Und dann fangen wir an – mit der Dame zusammen – das Handy anzuschmeißen, die Accounts anzumelden und dann einen kleinen Whatsapp-Lehrgang zu machen.“ Im Idealfall könne sie direkt nach der Sprechstunde mit ihrem Neffen über die App kommunizieren. Aber auch bei der Organisation eines Laptops oder der Einbindung einer smarten Küchenmaschine ins heimische Netzwerk habe Eberhard Toepfer schon helfen können.
„Es gibt einen großen Bedarf bei digitalen Anwendungen und ihrer Nutzung“, weiß Julia Angelov. Wichtig sei, für die Hilfesuchenden Angebote zu schaffen, die in einem neutralen Raum stattfinden, um Berührungsängste und ein eventuelles Schamgefühl zu vermeiden. „Ich denke, im familiären Umfeld, wenn sie da Rat suchen, kann man schon manchmal das Gefühl haben, dass man dem Enkel oder dem Sohn oder der Tochter auf die Nerven fällt.“ Die Technik-Botschafter sollen als neutrale Person fungieren, die nicht bewerte, sondern Interesse daran habe, zu unterstützen.
Musterwohnung lädt zum Ausprobieren ein
Neben der Beratung hinsichtlich Smartphone, Tablet und Co. stehen in der Musterwohnung in Wernigerode auch zahlreiche Assistenzsysteme und Alltagshilfen zum Anschauen und Ausprobieren bereit. Hier können sich ältere Menschen, aber auch Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen sowie deren Angehörige über unterstützende Technik und Geräte informieren. Ziel laut Julia Angelov: Den Menschen trotz ihrer krankheits- oder altersbedingten Einschränkungen zu ermöglichen, länger in ihrem Zuhause wohnen bleiben zu können.
Doch nicht nur für die Ratsuchenden, sondern auch für die Beratenden hat das VTTNetz Angebote geschaffen, um den Wissens- und Erfahrungsaustausch untereinander zu fördern, sagt Julia Angelov. Wieso das wichtig ist, welche weiteren Unterstützungsangebote das Team im Repertoire hat und wie eine Welt ohne Wohn- und Technikberatung aussehen würde, erzählen Julia Angelov und Eberhard Toepfer in der 32. Folge des Podcast-Formats „Science Talk“.
Text: Karoline Klimek
Über den Science Talk
Wissenschaft kompakt und kurzweilig aufbereiten – das ist das Konzept des Formats „Science Talk“. Entstanden ist es innerhalb des TransInno_LSA-Teilprojekts „VTrans – Verstetigung von Transferprozessen“. Neben Live-Talks werden Themen aus den Bereichen Forschung, Gründung und Transfer seit November 2020 auch als Podcast zum Nachhören aufbereitet. Am 6. April 2022 ist die vierte Staffel gestartet. Neue Folgen gibt es regelmäßig immer mittwochs im Zwei-Wochen-Rhythmus ab 8 Uhr. Reinhören können Interessierte kostenfrei bei Spotify sowie auf der Website www.sciencetalk.net. Informationen zur aktuellen Folge veröffentlicht das Podcast-Team zudem auf dem Instagram-Kanal vtrans_sciencetalk.
Die nächste Folge erscheint am 15.06.2022. Gesprächspartner ist Prof. Dr.-Ing. Frank Trommer. Er ist Professor für „Projektierung von Fertigungssystemen und Arbeitswissenschaften“ an der Hochschule Magdeburg-Stendal.